Expertentipp vom Hauseigentümerverein Berlin e.V.

Das Thema „Eigenbedarf“ ist in letzter Zeit stärker denn je nachgefragt. 

Es gibt hierzu gesetzliche Vorschriften und ergänzend eine Vielzahl von Rechtsprechung für den Einzelfall. Erfahren Sie, was Sie jetzt wissen sollten.



Der HEV-Tipp wird präsentiert von Britta Nakic (Juristin) vom HAUSEIGENTÜMERVEREIN BERLIN e.V. – Ihr bundesweiter Ansprechpartner für Fragen rund um Eigentum und Vermietung.

Lassen Sie sich jetzt vom Mietrechtsexperten beraten!


Vermieter plant eigene Nutzung: was ist zu tun?

Zunächst ist zu bedenken, wie konkret der eigene Nutzungswunsch ist. 

Steht bereits bei Vertragsschluss die spätere Eigennutzung fest, so bietet sich ein sogenannter qualifizierter Zeitmietvertrag (§ 575 BGB) an. Das Mietverhältnis läuft dann über eine feste Zeit (z. B.  3 Jahre) und endet nach Fristablauf. Besonderheit: Während der Vertragslaufzeit können die Parteien grundsätzlich nicht ordentlich kündigen. 

Entsteht der Eigennutzungswunsch bei einem unbefristeten Mietvertrag erst nach Vertragsschluss, kommt eine Eigenbedarfskündigung in Betracht. Ausnahmsweise darf der Vermieter den Vertrag fristgerecht kündigen, wenn ein sogenantes „berechtigtes Interesse“ vorliegt. Das liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB dann vor, wenn "der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“.

Somit kann der Vermieter den Vertrag wegen Eigenbedarfs nur für sich selbst und einen privilegierten Personenkreis (z. B. Ehegatte, Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister, Schwiegereltern (aber nicht nach Scheidung) kündigen. Es handelt sich hierbei um die „Kernfamilie“. Keine engen Familienangehörigen in diesem Sinne sind z. B. der geschiedene Ehegatte, Cousin / Cousine, Eltern der/des  Lebensgefährten. 

Die Eigenbedarskündigung 

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfes sollte zunächst sorgsam überdacht und anschließend formell / materiell richtig angegangen werden.  

Folgendes ist dabei zu beachten (nicht abschließend):

1. Schriftform & Zugang der Kündigung

Die Kündigung bedarf stets der Schriftform (Original Unterschrift) und muss dem Mieter nachweislich zugehen (z. B. per Boten).

2. kein Kündigungsausschluss

Es darf kein gesetzlicher (z. B. Kündigungsbeschränkung nach Wohnungsumwandlung § 577 a BGB)  oder vertraglicher Kündigungsausschluss bestehen.

3. Begründung der Kündigung 

Im Kündigungsschreiben ist der Eigenbedarf ausführlich zu begründen!  Denn der Mieter soll schon bei Empfang der Kündigung überprüfen, ob sich eine Verteidigung hiergegen lohnt.  Konkret muss im Kündigungsschreiben

- zur Bedarfsperson (für wen)

- zum Bedarfszweck (Wohnen)

- zum Bedarfsgrund (konkrete Gründe)

vorgetragen werden.

4. Kündigungsfrist

Der Vermieter hat die Kündigungsfristen einzuhalten. Diese ergeben sich aus dem Mietvertrag bzw. aus dem Gesetz. Auch längere Kündigungsfristen zu bestimmten Stichtagen aus älteren Verträgen können wirksam sein! 

5. Hinweis auf das  Widerspruchsrecht des Mieters

Der Mieter sollte im Rahmen des Kündigungsschreibens über sein gesetzliches Widerspruchsrecht wegen "unzumutbarer Härte“ i. S. d.  § 574 BGB belehrt werden. Denn dann läuft für den Mieter eine Frist, innerhalb derer er der Kündigung widersprechen müsste. Nach der Belehrung muss der Mieter seinen Widerspruch spätestens zwei Monate vor Auslauf der Kündigungsfrist dem Vermieter zukommen lassen. Verpasst der Mieter die Frist, kann der Vermieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses ablehnen.

Hat der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Widerspruchsmöglichkeit sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen, kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären (§ 574b Abs 2 BGB).  Das bedeutet für den Vermieter, dass er erst sehr viel später - nämlich im Räumungsprozess - erfährt, ob sein Mieter von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen möchte.

Optimaler Weise überprüft man vor Ausspruch der Kündigung, ob evidente Härtegründe beim Mieter vorliegen könnten.

6. Einzelfall-Betrachtung

Jede Eigenbarfskündigung unterliegt der Einzelfall-Prüfung! 

Besonders bei nachfolgenden Fall -Konstellationen sollten Sie sich vorab informieren: 

  • Eigenbedarf wegen Feriennutzung - geht das?
  • Eigenbedarf für mein volljähriges Kind - kann ich einer Familie kündigen?
  • Ich habe mehrere Wohnungen - ist das ein Problem?
  • Meine Mieter wohnen seit 40 Jahren dort- kann ich trotzdem kündigen?
  • Mein Kind möchte eine WG gründen - kann ich wegen Eigenbedarf´s kündigen?
  • Die Mieter sind erst von1 Jahr eingezogen - nun benötige ich die Wohnung ab selbst?!?
  • Kündigungsschutz nach Wohnungsumwandlung - bin ich der Ersterwerber oder der vorherige Eigentümer?

Hinweis: Ein Räumungsprozess gegen den Mieter kann teuer werden. Informieren Sie sich vor Ausspruch der Kündigung über Ihre Möglichkeiten.

Bitte beachten Sie: es handelt sich hierbei ausschließlich um allgemeine Information. Sie ersetzen keine Beratung im Einzelfall. Irrtum vorbehalten.

Die hier enthaltenen Informationen sind unverbindliche Auskünfte (Irrtum vorbehalten), aktualisiert am 11. September 2020.



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