Kritik und Gegenkritik
12. April 2016 - Zinskommentar von Prof. Dr. Steffen Sebastian
Die Kritik an der Niedrigzinspolitik von Seiten der Sparer und Bankenverbände, aber auch der Politik und Wissenschaft reißt nicht ab. Jetzt bekommt die EZB von Seiten deutscher Wissenschaftler prominente Unterstützung.
Die Banken und ihre Verbände sind schon lange kein Freund der niedrigen Zinsen mehr. In einem jüngsten Vorstoß äußern sich die Verbände nochmals kritisch. Flankiert werden diese von den Politikern, welche die Belange der Sparer (und damit einem großen Anteil der Wähler) gefährdet sehen. Auch viele Wissenschaftler haben wiederholt auf die Gefahren durch die Verzerrungen auf den Immobilien- und Aktienmärkten hingewiesen, die durch die niedrigen Zinsen verursacht werden. Die EZB hat jedoch aktuell von Seiten deutscher Wissenschaftler ungewohnt starke Unterstützung erhalten. Sieben prominente Wissenschaftler greifen in einem gemeinsamen Aufsatz die Kritiker an und verteidigen die Politik der EZB.
Auch in den letzten zwei Wochen verbleiben die Zinsen erneut unverändert auf sehr niedrigem Niveau. Für fünfjährige Zinsbindungen verbleiben die Zinsen bei 0,94 Prozent. 10‑jährige Kredite werden mit für 1,20 statt zuvor 1,19 Prozent angeboten. Auch die Konditionen für fünfzehnjährige Laufzeiten blieben mit 1,60 Prozent unverändert.
In ihrem Aufsatz „EZB-Kritik allein ist noch keine Lösung“ zeigen die Autoren sehr anschaulich auf, dass der EZB derzeit keine Alternativen zu der aktuellen Niedrigzinspolitik bleiben. Zwar seien die Maßnahmen der EZB nicht ausreichend, um die derzeitige Finanzkrise zu lösen. Aber selbst wenn umfassende Strukturreformen umgesetzt werden und dies durch die Ausgabenpolitik der Staatshaushalte unterstützt werden würde, müsste nach der Analyse der Autoren dennoch die Niedrigzinspolitik der EZB mittelfristig weiter fortgesetzt werden.