EZB hofft auf Inflation aus dem Ausland
1. Dezember 2015 - Zinskommentar von Prof. Dr. Steffen Sebastian
Bisher bleiben die Erfolge der Niedrigzinspolitik der EZB aus. Eine Zinserhöhung in den USA könnte die Inflation wie gewünscht erhöhen.
Das Orakel ist wieder auf Hochtouren, um herauszufinden, was oder ob überhaupt die US-amerikanische Zentralbank demnächst beschließt. Noch größere Spekulationen werden über die Reaktion der Europäischen Zentralbank (EZB) angestellt. Nachdem am 3. Dezember beschlossen wurde, die expansive Geldpolitik fortzusetzen, und der Strafzins leicht erhöht wurde, wird zumindest in Deutschland noch häufiger Kritik am Kurs der EZB geäußert. Nicht nur sieht der Rat der „Wirtschaftsweisen“ Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems, auch die BaFin verschärft vorbeugend die Anforderungen an die meldepflichtigen Daten für Immobilienkredite.
Auf der anderen Seite bleiben die Erfolge der Niedrigzinspolitik aus. Die Geldmenge wächst nicht im gewünschten Ausmaß und die Inflation schon gar nicht. Wahrscheinlich hofft die EZB, von einer möglichen Zinserhöhung in den USA zu profitieren. Der Euro wird dann gegenüber dem Dollar weiter an Wert verlieren, was zum einen Importe teurer macht und damit die Inflation wunschgemäß erhöht. Zum anderen werden europäische Waren und Dienstleistungen am Weltmarkt billiger, was potentiell die Konjunktur in Europa stimuliert – und dadurch mittelbar auch die Inflation.
In den letzten zwei Wochen sind die Zinsen erneut leicht gesunken. Kredite mit fünfjähriger Zinsbindung wurden mit 1,13 statt zuvor 1,15 Prozent geringfügig günstiger. Für 10‑jährige Kredite sind die Konditionen leicht von 1,59 auf 1,56 gesunken. Kredite mit fünfzehnjährigen Laufzeiten sanken mit 0,09 Prozentpunkten von 2,10 auf 2,01 am stärksten.
Eine Erhöhung der Leitzinsen in den USA gilt mittlerweile wieder als wahrscheinlich. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die EZB Ihren expansiven Kurs dann fortsetzt, wenn die US-amerikanische Zentralbank Federal Reserve (Fed) die Leitzinsen erhöht. Eine Erhöhung der Zinsen für Immobilienfinanzierungen aufgrund geänderter Geldpolitik ist daher im Moment nicht zu erwarten.