Baumaßnahmen an Immobilien sind unvermeidlich und gehen oft mit Lärm einher. Doch ist eine Mietminderung wegen Baulärm auch gleichzeitig rechtens? Hier erfährst du, ab wann Baulärm als angemessener Grund für eine Mietkürzung gilt und wie du eine Mietminderung bei deinem:deiner Vermieter:in durchsetzt.

importantpoints
Das Wichtigste in Kürze
  • Wenn die vertragsgemäße Nutzung der Mietimmobilie nicht oder nur eingeschränkt möglich ist,  eine Mietminderung aufgrund von Baulärm umsetzen.

     

  • Nach einem BGH-Urteil werden Mietparteien stärker in die Beweispflicht genommen. Wenn Vermieter:innen selbst keine rechtlichen Abwehrmöglichkeiten haben, kommt eine Mietminderung wegen Baulärm eher nicht in Betracht.

     

  • Die Höhe der Mietminderung hängt vom Einzelfall und den jeweiligen Umständen ab. Bis zu 35 Prozent Minderung sind bei Baulärm möglich.

     

  • Baulärm so früh wie möglich und überlege, zunächst unter Vorbehalt weiterhin die volle Miete zu bezahlen.

Ab wann ist eine Mietminderung wegen Baulärm nicht zulässig?

Mit einem Urteil vom 29. April 2020 (Az.: VIII ZR 31/18) urteilte der Bundesgerichtshof (BGH), dass der Baulärm einer benachbarten Baustelle nicht zwingend ein Grund für eine Kürzung der Miete darstelle. Damit widerspricht er vorangegangen Gerichtsurteilen, in denen Baulärm grundsätzlich als anerkannter Grund einer durchgesetzten Mietminderung betrachtet wurde.

In der Urteilsbegründung verwiesen die zuständigen Richter:innen des BGH darauf, dass Baulärm die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung weder aufhebt noch bedeutsam mindert, wenn selbst der:die Vermieter:in keine juristischen Abwehrmöglichkeiten gegen den Baulärm hat (§ 906 BGB). In diesem Fall ist die Lärmbelästigung als ortsüblich und unwesentlich in Bezug auf eine mögliche Mietminderung hinzunehmen.

Auch wenn Vermieter:innen bei der Unterzeichnung des Mietvertrages etwaige Sanierungs- oder Umbaumaßnahmen im Gebäude der Mietwohnung ankündigen und darüber informieren, ist eine spätere Mietminderung wegen Baulärm ausgeschlossen. Selbiges gilt, wenn bereits zum Zeitpunkt des Einzuges eine größere Baustelle in unmittelbarer Nachbarschaft besteht, von der Baulärm ausgeht.

Wird eine energetische Modernisierung gemäß § 555b Nr. 1 BGB am Gebäude der Mietsache vorgenommen, so dürfen Mieter:innen für die ersten drei Monate der Bauarbeiten ebenfalls keine Mietminderung geltend machen (§ 536 Abs. 1a BGB).
 


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Bauliche Maßnahmen müssen frühzeitig ankündigen

Sollen beispielsweise an einem Mehrparteienhaus bauliche Maßnahmen vorgenommen werden, so müssen Vermieter:innen dies drei Monate vor Beginn der Arbeiten bei allen Mieter:innen ankündigen.

Wann dürfen Mieter eine Mietminderung bei Baulärm vornehmen?

Ob eine Mietminderung wegen Baulärm vorgenommen werden darf, hängt von bestimmten Gegebenheiten ab. Grundsätzlich muss erst ein gewisses Maß an Lärmbelästigung  überschritten werden, sodass die vertragsgemäße Nutzung einer Mietwohnung nicht mehr gewährleistet ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn geltende Grenz- und Richtwerte nachweislich überschritten werden (§ 906 BGB).

Die Konsequenz aus dem oben genannten Grundsatzurteil des BGH ist, dass Mieter:innen für eine Mietminderung wegen Baulärm nachweisen müssen, dass durch den Lärm einer Baustelle die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung gemindert ist. Zum anderen muss der Nachweis von dem:der Vermieter:in scheitern, dass der Baulärm als ortsüblich und unwesentlich für eine Mietkürzung anzusehen ist.
 


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Wie viel Mietminderung ist bei Baulärm erlaubt?

Nach dem BGH-Urteil werden Mieter:innen bei Mietminderungen wegen Baulärm stark in die Beweispflicht genommen. Erst wenn ein entsprechender Nachweis gelingt, nach der eine Mietminderung nach § 536 BGB als gerechtfertigt gilt, besteht Rechtssicherheit über eine Kürzung der Miete.

Die Höhe einer Mietminderung hängt grundsätzlich immer von der Art und dem Umfang der Belastung ab. Bei eher geringem Baulärm ist eine Mietminderung von fünf Prozent realistisch. Bei lautem unablässigen Lärm mit viel Dreck und Staub sind bis zu 35 Prozent Minderung der Miete möglich.

Das Einrüsten des Gebäudes mit Beeinträchtigungen wie Abdunkelung, eingeschränkten Lüftungsmöglichkeiten und unbenutzbarem Balkon ist eine Minderung von etwa 15 Prozent üblich. In e iner Mietminderungstabelle gibt es mehr Informationen darüber, unter welchen Umständen die Miete um wie viel die Miete gekürzt darf.

 

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Mietminderung nur für die Zeit der Belastung

Bei jeder Art von Mietminderung gilt, dass sie nur für die Zeit der Belastung vorgenommen werden darf. Dies ist jedoch unabhängig davon, ob du in der Zeit tatsächlich in Ihrer Wohnung warst oder nicht.

Mietminderung bei Lärm von Nachbarn

Auch bei Lärm ausgehend von der Nachbarschaft gilt zunächst einmal eine Duldungspflicht. Sollte durch die Geräuschbelastung jedoch ein gewisses Maß überschritten werden, sodass die Eignung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung gemindert wird, kannst du eine Mietminderung wegen Lärm erwirken. Wenn beispielsweise aus einer benachbarten Mietwohnung ständig laute Geräusche nach 22 Uhr kommen, liegt ein solcher Fall vor.

Du solltest im ersten Schritt ein Lärmprotokoll führen. Dies beinhaltet eine Spalte für das Datum der Ruhestörung, eine Spalte zur Lautstärke und Art des Geräusches sowie eine Spalte für etwaige Zeug:innen. Hieraus wird schnell ersichtlich, wie stark sich die Lärmbelästigung auswirkt und um wie viel du die Miete kürzen kannst. Folgende Gerichtsurteile zu Mietminderungen durch Lärm von Nachbar:innen sind gesprochen worden:

Art der Lärmbelastung

 

Höhe der Mietminderung Aktenzeichen
Erheblicher Lärm von Mitmieter:in 50 Prozent Az. 113 C 168/89(9)
Lärmbelästigung durch Poltern, lautes Herumgehen sowie übermäßig laute Musik von Nachbar:innen 10 Prozent

Az. 23 C 147/12

 

 

Übermäßige Geräuschbelästigung durch benachbarte Familien im Gebäude

20 Prozent

Az. 6 S 3680/9

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FAQ: Häufige Fragen zur Mietminderung bei Baulärm

Wie viel Prozent Mietminderung bei Baulärm?

Die Höhe der Mietminderung wegen Baulärm hängt davon ab, welche Art von Lärm vorhanden ist, wie stark er dich beeinflusst, zu welchen Zeiten und wie regelmäßig er stattfindet. Wenn du nachweisen kannst, dass der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch erhöhtes Lärmaufkommen negativ beeinflusst wird, kannst du die Miete kürzen. Bei einer Mietminderung wegen Baulärm kannst du in den meisten Fällen mit etwa 5 bis 35 Prozent.

Wie lange muss ich als Mieter:in Baulärm ertragen?

In Wohngebieten musst du damit rechnen, dass auf Baustellen von 7 Uhr morgens bis 20 Uhr abends gebaut wird. Mittagsruhen gibt es nicht, aber Sonn- und Feiertage sind davon ausgenommen. Nach einem BGH-Urteil aus 2020 ist baustellenbedingter Lärm nicht mehr zwingend ein Umstand, der die vertragsgemäße Nutzung einer Mietwohnung in einem Maße beeinflusst, dass eine Mietminderung wegen Baulärm ohne Weiteres durchsetzbar ist.

Wie beantrage ich Mietminderung wegen Baulärm?    

Nach einem BGH-Urteil aus 2020 werden Mieter:innen nun viel stärker in die Beweispflicht genommen. Du solltest ein Lärmprotokoll führen, in welchem du Zeitpunkt, Art und Lautstärke des Lärms sowie mögliche Zeug:innen vermerkst. Letztlich musst du beweisen, dass der Baulärm nicht als unwesentlich und ortsüblich zu bewerten ist, sondern nachweislich die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache mindert.

Wie viel Mietminderung kann ich verlangen?

Nutze eine Mietminderungstabelle, die sich auf Gerichtsurteile aus dem Bereich Mietminderung wegen Baulärm bezieht. Dort findest du vergleichbare Beispiele und kannst so gut ableiten, wie hoch die Minderungsquote in deinem Fall sein sollte. Diesen prozentualen Betrag ziehst du dann von der Miete ab. Voraussetzung ist jedoch, dass du den vorliegenden Mangel bei dem:der Vermieter:in unverzüglich anzeigst, sodass er:sie diesen ausbessern kann.


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