Expertentipp vom Hauseigentümerverein Berlin e.V.

Vermieter:innen dürfen wegen Eigenbedarf das Mietverhältnis kündigen. Aber wie ist die Rechtslage, wenn Vermieter:innen dann doch nicht einzieht?



Der HEV-Tipp wird präsentiert von Britta Nakic (Juristin) vom HAUSEIGENTÜMERVEREIN BERLIN e.V. – Ihr bundesweiter Ansprechpartner für Fragen rund um Eigentum und Vermietung.

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Eigenbedarfskündigungen sind grundsätzlich erlaubt

Ein:e Vermieter:in kann ein unbefristetes Mietverhältnis ordentlich kündigen, wenn er:sie die Wohnung für sich selbst oder eine privilegierte Person (z. B. Kind oder Eltern) zur Verfügung stellen möchte (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und ist dem:der Mieter:in zu begründen.

Wichtig: Da keine weiteren Gründe später nachgeschoben werden dürfen, sollte die Eigenbedarfskündigung von Anfang an ausführlich begründet werden. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, wenn sie später entstanden sind.

Kündigungsfristen bei Eigenbedarf oft länger

Während der:die Mieter:in einen unbefristeten Mietvertrag jederzeit mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist beenden kann, laufen für den:die Vermieter:in längere Fristen:

  • Mietvertrag kürzer als 5 Jahre = 3 Monate Kündigungsfrist
  • Mietvertrag länger als 5 Jahre = 6 Monate Kündigungsfrist
  • Mietvertrag länger als 8 Jahre = 9 Monate Kündigungsfrist

Vermieter zieht nicht ein - späterer Wegfall des Eigenbedarf

Es kommt immer wieder vor, dass sich später an der Eigenbedarfssituation etwas ändert. Dazu hat der Bundesgerichthof (AZ: VIII ZR 339/04) grundsätzlich Folgendes entschieden:

Fällt der Eigenbedarf nach einer wirksamen Kündigung nachträglich weg, so ist dies nur zu berücksichtigen, wenn der Grund vor Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist. In diesem Fall sind Vermieter:innen zu einer entsprechenden Mitteilung an den/ie Mieter:in verpflichtet.

Fällt der zunächst tatsächlich vorhandene Eigenbedarf jedoch erst nach Ablauf der Kündigungsfrist weg, so ist dies grundsätzlich unerheblich.

Vermieter:in zieht nicht ein - vorgetäuschter Eigenbedarf?

Bemerkt der:die Mieter:in, dass der:die Vermieter:in nicht wie angekündigt eingezogen ist, kann das unangenehme Fragen nach sich ziehen.

Im aktuellen Fall verklagte die frühere Mieterin ihre Vermieterin auf Schadensersatz von ca. 7.650 €, weil die Vermieterin nicht eingezogen war und Gründe für den Wegfall des Eigenbedarfes nicht beweisen konnte. Die Vermieterin hatte mit der Begründung gekündigt, sie wolle mit ihrer Familie aus dem Ausland zurückkehren und ihre Eigentumswohnung beziehen. Der Umzug fand jedoch nicht statt.  Auf Anfrage der Mieterin begründete die Vermieterin dies damit, dass ihr Lebensgefährte später schwer erkrankt & pflegebedürftig geworden sei und daher kein Umzug mehr habe stattfinden können. Im Gerichtsverfahren konnte die beweispflichtige Vermieterin diese Behauptungen nicht belegen!

Zieht der:die Vermieter:in also nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht in die Wohnung ein, so muss er sich hierzu auf Nachfrage erklären. Denn es besteht der Verdacht des vorgetäuschten Eigenbedarfes.

Der:die Vermieter:in hat zu beweisen, dass der Eigenbedarf (nach Ablauf der Kündigungsfrist) auch tatsächlich entfallen ist. Gelingt der Beweis nicht, muss sich der:die Vermieter:in so behandeln lassen, als habe er:sie in die Wohnung nie einziehen wollen und den Eigenbedarf nur vorgetäuscht.   

Der Schadensersatzanspruch umfasst neben den Umzugskosten auch die Mietdifferenz zwischen der früheren und der neuen Wohnung der Mieterin für einen Zeitraum von 24 Monaten. Die Vermieterin musste dem Mieter daher Schadensersatz i. H. v. ca. 7.646 € zahlen.

AG Waiblingen, Urteil vom 15.01.2019 - 9 C 1106/18

Die hier enthaltenen Informationen sind unverbindliche Auskünfte (Irrtum vorbehalten), aktualisiert am 25. Juni 2021.



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