Vermieter wollen ihr gesamtes Anwesen als Familienwohnsitz und Büro nutzen. Dazu sollen die vorhandenen Wohnungen zusammengelegt werden. In einer der Wohnungen lebt seit 1973 ein Mieter, der den Räumungsvorstoß der Vermieter mit einem Härteeinwand zurückweist.



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Die auf Eigenbedarf und Räumung klagenden Vermieter und der 88-jährige, gesundheitlich angeschlagene Mieter treffen sich vor dem Amtsgericht München. Dort erkennen die Richter den vom Mieter geltend gemachten Härteeinwand an und weisen den Räumungsanspruch der Vermieter zurück. Das Mietverhältnis soll auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden.

Amtsgericht sieht unzumutbare Härte

Ein Umzug käme aufgrund der emotionalen Entwurzelung und der körperlichen Belastungen nicht infrage. Der Wohnungswechsel könne zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes, wenn nicht sogar zum vorzeitigen Tod des Mieters führen. Diese unzumutbare Härte bleibe selbst dann bestehen, wenn die Vermieter – wie angeboten – für eine Ersatzwohnung sorgen und die gesamte Umzugsorganisation übernehmen.

Landgericht spricht sich für Umzug aus

Die Vermieter gehen in Berufung. Das Landgericht schließlich entscheidet in ihrem Sinne und verurteilt den Mieter zur Herausgabe der Wohnung. Auch hier erkennen die Richter an, dass eine unzumutbare Härte gegeben sei, wenn der Mieter aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht in der Lage ist, eine Ersatzwohnung zu finden, um dorthin umzuziehen oder wenn der Gesundheitszustand oder die allgemeine Lebenssituation des Mieters durch den Umzug erheblich verschlechtert würde. 

Die umfangreiche Beweisaufnahme zeigt, dass bei dem Mieter ganz erhebliche gesundheitliche Einschränkungen vorliegen und damit Härtegründe gegeben sind. Dennoch führt die vom Gericht vorgenommene Interessensabwägung zu dem Ergebnis, dass der Mieter die Wohnung verlassen müsse. 

Detailliertes Abwägen der Interessen

Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung sind die Bestandsinteressen des Mieters mit dem Erhaltungsinteresse der Vermieter in Beziehung zu setzen. Hier haben die Interessen des Mieters an der Erhaltung seiner Gesundheit gewöhnlich Vorrang vor allgemeinen Finanzinteressen des Vermieters. Eine Gefährdung der Gesundheit bei erzwungenem Umzug ist nicht auszuschließen.

Demgegenüber stehen die Interessen der Vermieter, das Wohnhaus, in dem sich die vermietete Wohnung befindet, als ihren Familienbesitz zu errichten, mit eigenen Zimmern für die Kinder, einem Garten, einem Büro und einem Gästezimmer. Die Richter betonen, dass es allein Vermietersache ist, wie sie ihr Eigentum nutzen wollen und welcher Platzbedarf ihren Wohnvorstellungen entspricht. Diese Eigentumsposition des Vermieters und Eigentümers kann nur eingeschränkt werden, wenn die berechtigten Interessen des Mieters überwiegen. 

Richter honorieren Fürsorge der Vermieter

Im konkreten Fall haben die Vermieter große Anstrengungen unternommen, um dem Mieter einen schonenden Umzug und Verbleib im Wohnviertel zu ermöglichen. Sie haben ihm eine Alternativwohnung in der näheren Umgebung angeboten und dabei versichert, die Wohnung bis zur Rechtskraft der Entscheidung und einer etwaigen Räumungsvollstreckung freizuhalten. Darüber hinaus haben sie ihm in Aussicht gestellt, die Einbauten aus seiner Wohnung in der neuen Wohnung auf ihre Kosten originalgetreu wiederherzustellen und die gesamte Umzugsorganisation für ihn zu übernehmen.

Nach Aussagen des Sachverständigen kann der Mieter einen Umzug verkraften, wenn für ihn die emotionalen Belastungen gering gehalten werden. Genau diese Bedingung erfüllen die Vermieter. Sie übernehmen erhebliche Anstrengungen, um den Umzug für den Mieter so schonend wie möglich zu halten. Das gilt für den Umzug selbst sowie für die Möglichkeit, im gewohnten Stadtviertel bei unveränderten finanziellen Rahmenbedingungen zu bleiben.

Daher kommt das Landgericht zu dem Schluss, dass in dieser Konstellation die Gesundheitsbelange des Mieters das Erlangungsinteresse der Vermieter nicht überwiegen.

(LG München I, Urteil vom 22.03.2019 - 14 S 5271/17)

Irrtum vorbehalten, aktualisiert am 29. Juni 2020



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