Unter welchen Voraussetzungen kann eine Wohnungseigentümer-gemeinschaft einzelne Eigentümer:innen aus der Gemeinschaft entfernen und das Eigentum entziehen? Mit dieser Frage setzte sich das Landgericht Frankfurt am Main auseinander.

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Im Dezember 2020 wurde das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) modernisiert. In der neugefassten Vorschrift des § 17 WEG regelt es die Voraussetzungen zur Entziehung des Eigentums.

Anders als in der alten Fassung lässt sich nun das Regelbeispiel des Zahlungsverzugs nicht mehr ausdrücklich herauslesen. Daher stellte sich die Frage, ob die Gemeinschaft bei Zahlungsrückständen weiterhin berechtigt ist, säumige Eigentümer:innen per Urteil zum Verkauf des Eigentums zu zwingen, um so ausstehende Gelder einziehen zu können.

Konsequenzen nach Zahlungsrückständen von 12.500 Euro

Aufschluss gibt das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main. Es wurde ein Fall verhandelt, bei dem ein Wohnungseigentümer für rund 12.500 Euro Zahlungsrückstände verantwortlich war.

Zudem hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft in den zurückliegenden fünf Jahren regelmäßig Rechtsstreite führen müssen wegen nicht gezahlter Wohngelder sowie Abrechnungsspitzen aus den Jahresabrechnungen und Sonderumlagen, die von dem betroffenen Eigentümer nicht gezahlt wurden. Dabei entstanden der Gemeinschaft erhebliche Rechtsverfolgungskosten.

Der säumige Eigentümer zahlte auch nicht auf titulierte Forderung oder nur teilweise im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Daher sollte ihm das Eigentum entzogen werden. Die Klage war eingereicht. Aber dann wurde das WEG novelliert und der Bundesgerichtshof stellte klar, dass es kein Überleitungsrecht gibt und damit ausschließlich das neue Recht aus dem WEG 2020 anzuwenden sei.

Eigentumsentziehung unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls

Im Berufungsverfahren gab das Landgericht Frankfurt am Main der Klage statt. Die Richter: innen stellten fest, dass in dem Zahlungsverhalten des beklagten Eigentümers eine erhebliche Pflichtverletzung zu sehen ist. Daher konnte die Eigentumsentziehung von der Gemeinschaft unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls beschlossen werden. Das Vertrauen der übrigen Eigentümer: innen in die Vertragstreue dieses Miteigentümers sei schwer verletzt und könne auch nicht wieder hergestellt werden.

Fazit: Es ist also auch nach der Reform des WEG möglich, bei Zahlungsrückständen einen Entziehungsbeschluss zu erwirken. Allerdings muss immer im Einzelfall erwogen werden, ob die Fortsetzung der Gemeinschaft zumutbar ist.

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.10.2021 – 2-13 S 9/21)


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