Welche Voraussetzungen müssen Arbeitnehmer erfüllen?


Allgemein gilt

Jeder Arbeitnehmer hat zunächst einmal Anspruch auf Lohnfortzahlung – unabhängig von der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Folgende Bedingungen müssen dabei erfüllt sein:

  • Das Arbeitsverhältnis muss seit mindestens vier Wochen  ununterbrochen bestehen.
  • Der Arbeitnehmer hat seinen Ausfall nicht selbst verschuldet.

In diesem Fall steht ihm die sechswöchige Weiterzahlung seines Lohns zu. Ist der Arbeitnehmer nach Ablauf der sechs Wochen nicht wieder arbeitsfähig, übernimmt die Krankenkasse die finanzielle Unterstützung in Form von Krankengeld.

 

Wichtig: Die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes stellen Mindeststandards dar. In individuellen Arbeits- und Tarifverträgen können weitergehende Absprachen getroffen werden, solange diese den Arbeitnehmer nicht schlechter stellen.

 


Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Krankheit bedeutet in diesem Zusammenhang jede körperliche oder geistige Beeinträchtigung, die ärztlich behandelt werden muss und/oder eine Arbeitsunfähigkeit bedeutet. „Arbeitsunfähig“ heißt im ganz wörtlichen Sinne, dass die im Arbeitsvertrag geregelten Arbeitsleistungen nicht mehr erbracht oder dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden können. Letzteres ist meistens dann der Fall, wenn die Arbeit den Gesundheitszustand verschlimmern würde. Die genaue Art der Krankheit ist dabei unerheblich. Unter „Krankheit“ fallen deshalb auch nötige Operationen sowie deren Nachsorge.

 

Hinweis: Eine Schönheitsoperation fällt in der Regel nicht unter den Begriff der Arbeitsunfähigkeit, da sie im medizinischen Sinne nicht notwendig ist.

 

Eine Entgeltfortzahlung kann immer nur dann erfolgen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nur aus Krankheitsgründen nicht zur Arbeit erscheinen kann. Befindet er sich dagegen ohnehin zum Beispiel im Erziehungsurlaub, besteht kein Anspruch.

Unverschuldete vs. selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit

Wie bereits erwähnt, schließt eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit Entgeltansprüche aus. Laut Gesetz handelt es sich um solch ein Verhalten, wenn von einem erwachsenen Menschen erwartet werden kann, dass er die negativen Folgen der Handlung im Vorhinein einschätzen kann. Hier sieht das Gesetz nicht vor, dass der Arbeitgeber für diese grobe Fahrlässigkeit haftet.

Unachtsam = fahrlässig?

Unachtsamkeit allein reicht nicht aus, dass eine Arbeitsunfähigkeit selbstverschuldet ist. Deshalb gehören beispielsweise Wintersport- oder Haushaltsunfälle zu den unverschuldeten Fällen. Für die Selbstverschuldung muss das Verhalten „vorwerfbar“ sein. Es handelt sich deshalb zum Beispiel häufig um Konsequenzen illegaler Handlungen. Allerdings können Extremsportarten ebenfalls als selbstverantwortetes Risiko gewertet werden.

 

Beispiele für selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit:

  • fahrlässiges Verhalten im Straßenverkehr, das gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt (zum Beispiel Trunkenheit am Steuer)
  • Unfälle am Arbeitsplatz, die auf die Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften zurückzuführen sind
  • Verletzungen in Folge einer selbstprovozierten gewalttätigen Auseinandersetzung

Arbeitsunfähigkeit durch Gewebespenden, Schwangerschaft und Sterilisation

Grund für eine Entgeltfortzahlung sind beispielsweise:

  • der Eingriff und die Regenerationszeit bei einem Schwangerschaftsabbruch
  • der Eingriff bei einer Sterilisation

Auch Organ-, Gewebe- und Blutspenden zur Separation von Blutstammzellen entsprechend des Transfusionsgesetzes werden vom Entgeltfortzahlungsgesetz gedeckt. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Arbeitgeber schnellstmöglich über die Spende in Kenntnis zu setzen.

Mehrfache Erkrankungen

Grundsätzlich gilt: Wenn ein Arbeitnehmer mehrfach wegen verschiedener Erkrankungen arbeitsunfähig ist, steht ihm jedes Mal die Entgeltfortzahlung über sechs Wochen zu. Das ist auch dann der Fall, wenn die zweite Erkrankung unmittelbar auf die erste folgt. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen:

  • Stellt sich eine weitere Erkrankung noch während der ursprünglichen Arbeitsunfähigkeit ein, verlängert sich die ursprüngliche Bezugszeit von sechs Wochen nicht
  • Ist ein Arbeitnehmer wegen derselben Erkrankung mehrfach arbeitsunfähig, gilt der Entgeltfortzahlungsanspruch ebenfalls nur für insgesamt sechs Wochen.

Ausnahme: Zwischen der ersten und zweiten Arbeitsunfähigkeit liegen mindestens sechs Monate oder der Beginn der ersten Erkrankung ist mindestens zwölf Monate her.

Gibt es ein Recht auf Entgeltfortzahlung, wenn das Kind des Arbeitnehmers krank ist?

Ja, das gibt es. Voraussetzung dafür ist, dass die Betreuung des Kindes nicht durch eine andere Person gewährleistet werden kann. Die durchschnittliche Dauer der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall des Kindes beträgt fünf Tage, allerdings können spezifische Tarif- und Arbeitsverträge diese Dauer einschränken oder völlig ausschließen.



In welcher Höhe fällt die Lohnfortzahlung aus?


Allgemeine Vorgaben

Die Höhe der Lohnfortzahlung ist abhängig vom sonstigen Gehalt des Arbeitnehmers. Während der Arbeitsunfähigkeit erhält er dieses volle Gehalt weiter. Neben dem reinen Gehalt werden weitere Faktoren in der Berechnung berücksichtigt:

  • Schichtzulagen, falls diese ursprünglich im betreffenden Zeitraum gezahlt worden wären
  • Aufwendungsersatz, falls die Aufwendungen auch während der Erkrankung relevant sind
  • mutmaßliche Provisionen
  • alle Mitarbeiter betreffende Lohnerhöhungen oder –minderungen
  • Vermögenswirksame Leistungen

Sondervergütungen können vom Arbeitgeber zwar gekürzt werden, sofern das vertraglich geregelt wurde, die Kürzungen dürfen pro Arbeitstag aber nicht mehr als ein Viertel des durchschnittlichen Arbeitsentgelts betragen.

Was geschieht mit der Lohnfortzahlung an Feiertagen?

Als Arbeitgeber sind Sie laut Entgeltfortzahlungsgesetz verpflichtet, Ihren Arbeitnehmern an gesetzlichen Feiertagen trotz Nicht-Arbeit den regulären Lohn zu zahlen. Wie lange der Arbeitnehmer schon Teil des Betriebs ist oder auf welcher Stundenbasis er angestellt ist, ist dafür unerheblich. Der Anspruch erlischt nur, wenn ein Arbeitnehmer am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach dem Feiertag unentschuldigt nicht erschienen ist.

An kirchlichen Feiertagen, die nicht gesetzlich sind, hat der Arbeitgeber die Wahl: Er kann den Tag entweder als normalen Werktag behandeln oder auf Arbeitsruhe bestehen. Im zweiten Fall muss er dann allerdings den Arbeitsausfall entlohnen.

Fällt ein Feiertag in die Urlaubszeit des Arbeitnehmers, hat dieser nach wie vor Recht auf Entgeltfortzahlung – der Feiertag darf nicht auf den Urlaub angerechnet werden.

Wie viel Lohn müssen Sie dem Arbeitnehmer an Feiertagen zahlen?

Das Feiertagsentgelt muss so ausfallen, dass der Arbeitnehmer den gleichen Lohn verdient wie an einem regulären Arbeitstag. Das bedeutet aber auch: Ist der Feiertag nicht der primäre Grund für den Arbeitsausfall (zum Beispiel, weil ohnehin Witterungsgründe gegriffen hätten), wird auch kein Entgelt gezahlt.



Haben Arbeitnehmer eine Nachweispflicht?


Wie muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nachweisen?

Arbeitnehmer haben zunächst nur eine Benachrichtigungspflicht. Sie müssen Ihnen als Arbeitgeber also formlos mitteilen, dass sie arbeitsunfähig sind und gleichzeitig eine Prognose darüber abgeben, wann sie voraussichtlich wieder einsatzfähig sind. Dabei sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet, Aussagen über die konkrete Krankheit zu machen. Einzige Ausnahme: Der Arbeitgeber muss von der Krankheit wissen, um andere Arbeitnehmer zu schützen. Auch im Falle einer Fortsetzungserkrankung (siehe oben) muss der Arbeitgeber darüber informiert werden, dass es sich um die gleiche Krankheit handelt, um die Dauer der Entgeltfortzahlung anzupassen.

Erst, wenn der Arbeitnehmer länger als drei Kalendertage arbeitsunfähig ist, besteht laut Entgeltfortzahlungsgesetz eine Nachweispflicht. Dieser kommt der Arbeitnehmer durch eine ärztliche Bescheinigung nach, die dem Arbeitgeber spätestens am darauffolgenden Tag vorliegen muss. Zusätzlich muss sie die voraussichtliche Dauer der Krankheit angeben. Dauert die Arbeitsunfähigkeit widererwartend länger an, steht dem Arbeitgeber eine weitere ärztliche Bescheinigung zu.

Hinweis: Sie können eine entsprechende Bescheinigung durchaus auch früher verlangen, prinzipiell schon ab dem ersten Tag des Arbeitsausfalls.

Was geschieht, wenn der Arbeitnehmer seine Nachweispflicht verletzt?

Wird ein entsprechendes Attest dem Arbeitgeber nicht rechtzeitig vorgelegt, ändert das zunächst nichts an der Entgeltfortzahlung. Langfristig können Sie hier aber durchaus Konsequenzen ziehen:

 

  • Solange die ärztliche Bescheinigung überhaupt nicht vorgelegt wird, können Sie die Entgeltfortzahlungen einstellen. Erst, sobald das Attest eingereicht wurde, sind Sie rückwirkend zur Zahlung verpflichtet.
  • Wird die Nachweispflicht mehrfach verletzt, kann das ein Abmahnungsgrund sein und letztlich zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.
  • Entstehen Ihnen als Arbeitgeber Regressforderungen durch Dritte aufgrund des fehlenden Nachweises, können Sie dem Arbeitnehmer gegenüber Schadensersatzansprüche geltend machen.


Was geschieht, wenn Arbeitgeber an der Arbeitsunfähigkeit zweifeln?


Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit

Die Arbeitsunfähigkeit wirkt dann besonders auffällig und sollte gegebenenfalls Misstrauen wecken, wenn:

  • ein Mitarbeiter auffallend oft krankgeschrieben ist
  • er oft jeweils für kurze Zeitspannen ausfällt
  • die Arbeitsunfähigkeit vermehrt auf Wochenanfang oder –ende fällt

In diesen Fällen können Sie als Arbeitgeber ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung verlangen. Die Krankenkassen sind verpflichtet, ein solches Gutachten auszustellen, um jegliche Zweifel zu beseitigen.

Verweigerung der Lohnfortzahlung

Sollten Sie aus den genannten Gründen die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit anzweifeln, dürfen Sie die Lohnfortzahlung einstellen – AUCH, wenn ein ärztliches Attest vorliegt. Allerdings müssen Sie diese Zweifel dann vor Gericht nachweisen. Ein Anhaltspunkt wäre beispielsweise die Ausführung einer Nebentätigkeit wegen der angeblichen Krankheit.

Der Arbeitnehmer wiederum muss begründen, warum die Ausübung der Nebentätigkeit möglich war, während er in seinem Hauptberuf krankgeschrieben war. Sollte sich herausstellen, dass das Nachgehen des Nebenjobs die Genesung verzögert hat und dem Hauptarbeitgeber so ein Schaden verursacht wurde, kann das sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Kündigung

Zwei wesentliche Bedingungen müssen gegeben sein, damit unter Umständen eine Kündigung gerechtfertigt werden kann: 1. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer zeigt ein Verhalten, dass einer Genesung im Weg steht und dem Arbeitgeber so längere Ausfälle als unbedingt nötig verursacht. 2. Es liegt ein begründeter Verdacht vor, dass die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht wird.


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