Fragen und Antworten

Ab welchen Temperaturen sind Gewerberäume mangelhaft?

Gewerberecht - Temperaturen mangelhaft
Gewerberecht - Temperaturen mangelhaft

1. Grundsätzlich freut sich im Sommer jeder auf warme Temperaturen. Bei längeren Hitzeperioden tritt insbesondere in Geschäftsräumen und Büros nicht selten die Frage auf, wie hoch denn die Temperaturen sein dürfen, die Mieter hinzunehmen haben, ohne Gewährleistungsrechte gegenüber dem Vermieter geltend machen zu können? Die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit nimmt nämlich mit jedem Grad ab. Zwischen den Oberlandesgerichten besteht Uneinigkeit, ob es in diesem Zusammenhang auf die Arbeitsstättenverordnung von 1976 und die dort festgesetzten Werte ankommen kann.
a) Viele Oberlandesgerichte vertreten die Auffassung, dass die Raumtemperatur entsprechend der Arbeitsstätten-Richtlinie in Arbeitsräumen 26 °C nicht überschreiten soll (insbesondere die OLG´s Hamm, Rostock, Naumburg und Düsseldorf, modifiziert Köln: Umstände des Einzelfalles entscheidend, Sachverständigengutachten nötig). Diese Soll-Bestimmung bezieht sich auf die Raumtemperatur bei Außentemperaturen von bis zu 32 °C; bei noch höheren Außentemperaturen soll die Raumtemperatur mindestens 6 °C unter der jeweiligen Außentemperatur liegen. Allerdings erkennen auch diese Oberlandesgerichte an, dass dies nicht in jeder extremen Situation, d. h. völlig ungeachtet des Außenklimas, gelten kann. Es ist vielmehr festzustellen, wie intensiv und dauerhaft die Temperaturüberschreitung ist. So kann der Mieter nach zutreffender Auffassung etwa die Miete nicht schon bei einer kurzzeitigen Überschreitung des Richtwertes um + 1 °C auf + 27 °C mindern (OLG Köln, NJW-RR 1993, 466 (467). Erst wenn die vorgenannten Temperaturgrenzen über einen längeren Zeitraum (wohl ab zwei Wochen), kann der Mieter einen Mangel der Mietsache – aber auch nur für genau diesen Zeitraum (BGH, Urteil vom 15. 12. 2010 - XII ZR 132/09) - geltend machen. Lediglich kurzzeitige Unannehmlichkeiten infolge extremer Außentemperaturen hat der Mieter auch nach der Rechtsprechung der oben genannten Oberlandesgerichte als „unerhebliche Minderung“ i. S. v. § 536 I 3 BGB hinzunehmen. Anderenfalls würde die Haftung des Vermieters für schönes Wetter in unkalkulierbarer und unzumutbarer Weise ausgedehnt.

b) Dies sehen die Oberlandesgerichte in Frankfurt am Main und Karlsruhe prinzipiell anders. Nach deren Auffassung beurteilt sich die Frage, ob wegen Aufheizung eines Gebäudes auf Grund Sonneneinstrahlung ein Mangel der Mietsache vorliegt, nicht nach der Arbeitsstättenverordnung, sondern allein nach den vertraglichen Vereinbarungen (wichtig dort insbesondere eine eventuell vereinbarter „Nutzungszweck“) und dem baulichen Zustand des Gebäudes. Daher kann ein Firmenchef, dessen Arbeitnehmer unter Berufung auf die Arbeitsstättenverordnung wegen zu hoher Innentemperaturen aufbegehren, dieses betriebliche Risiko nur dann auf seinen Vermieter abwälzen, wenn eine Abweichung der Beschaffenheit der Mietsache zu den vertraglichen Vorgaben feststellbar ist. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die mitvermietete Klimaanlage nicht die erforderliche Leistung erbringt oder eigentlich vorhandene Sonnenschutzjalousien defekt sind.
Es bleibt insoweit abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in dieser Frage entwickelt. Der BGH hat diese Frage bislang offen gelassen. Erwägt ein Mieter eine Klage wegen zu hoher Innentemperaturen, sollte er aber prüfen, wie das für ihn zuständige OLG in dieser Frage bisher entschieden hat.

2. Für ältere Bauwerke (das heißt solche, die vor dem in Kraft treten Arbeitsstättenverordnung am 1. Mai 1976 errichtet wurden) sind die unter 1.a) erwähnten Richtwerte nach einhelliger Auffassung zu modifizieren. Bei solchen Altbauten, deren Wärmedämmung und Fenster nicht den modernen Anforderungen entsprechen, besteht regelmäßig kein Anspruch des Mieters auf Minderung oder gar Nachrüstung des Mietobjektes auf neueste technische Standards.
Hier ist dem Mieter bei Anmietung der Gewerberäume bekannt, dass er diese Standards in einem Altbau nicht erwarten kann. Allerdings wurde selbst in einem derartigen Altbau ein Mangel von der Rechtsprechung angenommen im Fall einer mangelhaften Lüftungsanlage oder wenn sich die Raumluft in einem durchschnittlichen Sommer allein aufgrund der Sonneneinstrahlung unerträglich erhöht.