Aktuelle Urteile

Verkäufer und Vermieter haften (auch) für Beratungsfehler ihres Immobilienmaklers!

1. Ein Beratungsvertrag zwischen Verkäufer und Käufer kommt zu Stande, wenn der Verkäufer im Zuge der Vertragsverhandlungen, insbesondere auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt oder wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, welches der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll. Dabei kann diese Beratung auch einem Dritte, insbesondere einem Makler überlassen werden.

2. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Makler und dem Kaufinteressenten hindern die Annahme eines Beratungsvertrags mit dem Verkäufer nicht.

3. Eine stillschweigende Bevollmächtigung des Vermittlers durch den Verkäufer liegt vor, wenn sich bei der Vermittlung des Kaufvertrags die Aufgabe einer Beratung des Kaufinteressenten stellt und diese vom Verkäufer dem Vermittler überlassen worden ist. Das ist der Fall, wenn der Verkäufer den Vertrieb von Eigentumswohnungen einem Vermittler vollständig überlassen (sog. Exklusivvertrieb) und ihm völlig freie Hand gelassen hat. Das gilt aber auch dann, wenn der Verkäufer seine Immobilien nicht ausschließlich durch den in Rede stehenden Vermittler vertreibt.

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin macht gegen die beklagte Immobiliengesellschaft Schadensersatzansprüche wegen Falschberatung aus dem Kauf einer zu Anlagezwecken erworbenen Immobilie geltend.  Im Raum standen die Vorwürfe der falschen Darstellung von Steuerersparnissen und die massive Überteuerung der Eigentumswohnung. Die Beratung war nicht durch die Immobiliengesellschaft selbst, sondern durch eine Vermittlungsgesellschaft erfolgt, die ihrerseits als Maklerin in unmittelbarer Rechtsbeziehung zur Klägerin stand. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben, das KG hatte sie abgewiesen.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück (Urteil vom 12.07.2013 - V ZR 4/12). Rechtsfehlerhaft hat das KG einen Beratungsvertrag zwischen den Parteien verneint. Ein solcher war aus den in Leitsatz 1 aufgeführten Gründen zu Stande gekommen. Stellt sich bei der Vermittlung des Kaufvertrags die Aufgabe der Beratung des Kaufinteressenten und ist sie vom Verkäufer einem Makler oder sonstigen Vermittler überlassen worden, kann sich dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss eines Beratungsvertrags zwischen Verkäufer und Käufer aus den Umständen ergeben (BGB § 167). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Käufer dem Makler seinerseits keinen Auftrag erteilt hat. Allerdings steht auch die provisionspflichtige Tätigkeit des Maklers für den Käufer einem Beratungsvertrag nicht entgegen: Dies sog. Doppeltätigkeit von Maklern ist nämlich sehr verbreitet.

Praxishinweis

In der Entscheidung des BGH ging es zwar um den Verkauf einer Eigentumswohnung. Die Grundsätze lassen sich jedoch auch auf die Vermittlung von (Gewerbe-) Mietverträgen übertragen. Damit steht fest, dass sich ein Kauf- oder Mietinteressent auf die Beratung eines zwischengeschalteten Maklers verlassen darf. Schließlich zahlt er für dessen Dienste regelmäßig Courtage. Makler und Verkäufer/Vermieter haften damit beide für Beratungsfehler (zur Haftung des Maklers für fehlerhafte Angaben BGH, IBR 2001, 93). Der spätere Käufer oder Mieter muss sich daher entscheiden, von wem er im Streitfall Schadenersatz fordert – eventuell aus taktischen Gründen sogar von beiden! Hier ist fachkundige Beratung und Vertretung nötig.

Dr. Florian Kappes, Landsberg am Lech
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Tätigkeitsschwerpunkte Gewerbemiet- und Immobilienrecht

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