Einst war das deutsche Fräuleinwunder in aller Munde. Der Begriff, der in den 1950er Jahren in den USA geprägt wurde, stand für junge, attraktive, selbstbewusste und begehrenswerte Frauen des Nachkriegsdeutschlands. – Ein halbes Jahrhundert später klagt eine Mieterin vor Gericht dagegen, von ihren Vermietern als "Fräulein" betitelt zu werden. 


Uneinsichtige Vermieter

Das hoch betagte Vermieterehepaar hängt regelmäßig einen handschriftlichen Reinigungsplan im Treppenhaus aus, in dem vermerkt ist, wer wann zu putzen hat. Hier taucht die Mieterin mit Frl. und ihrer Wohnetage auf. Das empört die Mieterin zutiefst. Sie sieht darin eine öffentliche Diffamierung und Verletzung ihrer Persönlichkeit. Dass die Vermieter um die 90 sind und die offizielle Abschaffung des Namenszusatzes im Jahr 1972 möglicherweise verdrängt haben, will die Mieterin nicht gelten lassen.

Sie selbst hatte sich 1984, also zwölf Jahre nach Abschaffung des Zusatzes, an der Verwendung des Begriffs Fräulein in ihrem Mietvertrag nicht gestört. Doch jetzt so für alle sichtbar als Fräulein bezeichnet zu werden, geht ihr gegen den Strich. Die Vermieter zeigen kein Entgegenkommen, obwohl ihnen bekannt ist, dass die Mieterin über die Bezeichnung verärgert ist.

Gesetze sind für alle da

Beim Amtsgericht Frankfurt am Main hat die Mieterin keinen Erfolg. Die Richter werten die Bezeichnung “Fräulein” weder als ehrverletzend noch sehen sie einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung. Da der Putzplan handschriftlich erstellt werde, könne nicht von einer automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten oder deren Speicherung in einem Datensystem ausgegangen werden.

Allerdings sind noch nicht alle Messen gesungen. Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist auch die Wahrnehmung der Person in der Öffentlichkeit. Aus diesem Grund darf ungefragt weder über den Personenstand noch über sexuelle Neigungen und dergleichen berichtet werden.  Das Alter der Vermieter kann auch nicht unbedingt ins Feld geführt werden, denn Gesetze gelten gleichermaßen für Junge wie für Alte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und es kann gut sein, dass die Verhandlungen in die nächste Runde gehen.

(AG Frankfurt, Urteil vom 27.06.2019 – 29 C 1220/19) 

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