Die EZB unter Beschuss


Die Notenbanken öffnen ihre Schleusen


Das kann sich hören lassen! Unser Zinskommentar als Podcast


Das Wichtigste in Kürze:

  • Fed-Motto: "Whatever it takes".
  • Das Bundesverfassungsgericht legt sich mit dem Europäischen Gerichtshof an und kritisiert in einem beispiellosen Urteil die EZB-Geldpolitik.
  • Vor allem Kredite mit kurzfristiger Zinsbindung steigen, langfristige Kredite bleiben stabil.

Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels



Heute kann sich Ihr Traum vom Eigenheim erfüllen.





Es geht wieder aufwärts. Mit dem beginnenden Sommer scheint auch das Corona-Virus ein wenig von seinem Schrecken verloren zu haben. Überall gibt es Lockerungen. Die Scherben, die das Coronavirus in der Wirtschaft angerichtet hat, müssen allerdings noch erhoben und dann weggekehrt werden. Entsprechend hoch ging es in der Bundesregierung bei den Verhandlungen über das deutsche Corona-Konjunkturpaket her.


Der DAX macht Mut


Als wolle er allen Mut zusprechen, schwang sich der DAX nach dem langen Pfingstwochenende am 2. Juni bis fast auf 12.000 Punkte. Das ist geradezu sensationell, wenn man bedenkt, dass er damit seit dem großen Crash Mitte März rund 3.800 Zähler wettmachen konnte und nun fast das Vorkrisenniveau erreicht hat. Auch US-amerikanische Aktienindizes wie der S&P 500 mit den 500 dicksten Brummern der US-Wirtschaft haben inzwischen den Stand von Anfang März zurückerobert.



Fed: Whatever it takes


Es sind aber nicht unbedingt die Konjunkturprognosen, die den Aktien Feuer unterm Hintern machen. Vielmehr sind es die Notenbanken, die ihre Geldpolitik-Schleusen so weit aufmachen, dass die Wirtschaft im Geld schwimmt. Bereits im März hatte die Fed ihren Whatever-it-takes-Moment. Zur Erinnerung: Mit diesen Worten (übersetzt etwa: "Wir tun, was auch immer nötig ist") – wurde der frühere EZB-Präsident Mario Draghi gern zitiert. Damit beruhigte er 2012 die Finanzmärkte.

Im März nahm Mary Daly, die Chefin der regionalen Fed in San Francisco, die Formulierung in den Mund: "Die Fed ist bereit, alles zu tun was nötig ist und in ihrer Macht steht, um sicherzustellen, dass wir Teil der Lösung sind: um die Menschen gegen das Virus zu wappnen, die amerikanische Wirtschaft zu stützen und uns in die beste Position zu bringen, wieder zu wachsen, sobald das Virus zurückgeht."

Aufgeblähte Bilanz


In der Zinssitzung am 20. Mai handelte die Fed entsprechend: Die Leitzinsen bleiben nahe der Nulllinie zwischen 0,00 und 0,25 Prozent, der Aufkauf von Staatsanleihen wird forciert und Kredithilfen für Unternehmen und Verbraucher aufgelegt. Die Bilanz der Fed blähte sich sprunghaft auf knapp sieben Billionen Dollar auf.

Die EZB unter Beschuss – mal wieder


Bei der EZB steht die nächste Zinssitzung erst noch aus. Bei ihr lautet der Name des Pandemie-Notkaufprogramms PEPP – Pandemic Emergency Purchase Programme und besitzt ein Volumen von 750 Milliarden Euro. Im vergangenen Monat berichteten wir im Zinskommentar bereits darüber, dass die EZB nun auch Anleihen mit minderwertiger Bonität kaufen würde. Dass die EZB aber überhaupt Staatsanleihen aufkauft, hat ihr ein ums andere Mal Kritik eingebracht. Ihre Niedrigzinspolitik war für Sparende desaströs. Und sie hat – neben anderen Einflussgrößen – auch dafür gesorgt, dass die Bauzinsen so niedrig sind.



Bundesverfassungsgericht vs. Europäischer Gerichtshof


Bereits vor Jahren hatte sich das Bundesverfassungsgericht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewandt. Grund war (ja, schon wieder) die Whatever-it-takes-Aktion von Mario Draghi. Dessen Anleihenaufkaufprogramm überschreite die Kompetenz der Institution, so hieß es, weil die EZB damit Staatsfinanzierung und Wirtschaftspolitik betreibe. Erlaubt sei aber nur Geldpolitik. Im Dezember 2018 urteilte der EuGH, dass das Programm der EZB nicht gegen EU-Recht verstoße. Alles gechillt also?

Nein, das Bundesverfassungsgericht gab sich damit nicht zufrieden und urteilte im Mai, dass es sich nicht an das Urteil des EuGH gebunden fühle. Die EZB habe unverhältnismäßig agiert und der EuGH nicht ordentlich kontrolliert. Der Konflikt, man ahnt es, ist offenbar vor allem ein riesengroßes Kompetenzgerangel. Aktuell hat das Bundesverfassungsgericht der EZB auferlegt, die Verhältnismäßigkeit ihres Programms innerhalb von drei Monaten genauer zu erklären – ansonsten untersage sie der Deutschen Bundesbank, künftig daran mitzuwirken. Eine einmalige Aktion. Was daraus wird – wir werden sehen.


ImmoScout24-Zinsbarometer: Kredite mit kurzfristiger Zinsbindungen teurer


Was treibt die Bauzinsen an? Im vergangenen Monat zeigte sich das ImmoScout24-Zinsbarometer* vor allem bei den Zinsen mit eher langfristiger Zinsbindung sehr stabil. Sowohl die 15-jährigen Darlehen als auch die Baukredite mit einer langfristigen Zinsbindung von 20 Jahren blieben stabil bei 0,94 bzw. 1,09 Prozent. Zwischen Ende April und Ende Mai war freilich schon Bewegung drin: Die Zinsen fielen zwischenzeitlich um jeweils 0,03 Prozentpunkte und kletterten zum Monatsende dann wieder auf den Wert des Vormonats. Ganz so als wollten sie Kaufenden zuraunen: Langfristige Zinsbindungen sind stabil. Greift zu!

Bei den kurzfristig orientierten Zinsen ging es hingegen aufwärts. Die Kredite mit fünfjähriger Laufzeit kletterten Ende Mai auf 0,64 Prozent – das sind 0,04 Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Die besonders beliebten Kredite mit zehnjähriger Zinsbindung machten einen gewaltigen Sprung: Es gibt mit ihnen um 0,12 Prozentpunkte aufwärts: von 0,62 auf 0,74 Prozent.


Bei der Baufinanzierung Sonderrechte für Veränderungen einplanen


Die meisten Finanzierungsexpertinnen und -experten empfehlen derzeit, beim Kreditvertrag Sondertilgungsrechte und das Recht auf einen Tilgungssatzwechsel einzuschließen. Warum? Wer zu Geld kommt und einen großen Teil des ausstehenden Kreditbetrages auf einen Schlag zurückzahlen möchte, kann dies ohne finanzielle Verluste nur mit einem Sondertilgungsrecht erreichen. Ansonsten würde die Bank für die entgangenen Zinsen eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Tilgungssatzwechsel geben Kreditnehmenden mehr Flexibilität: Sinkt das Einkommen, kann die Rate entsprechend dank einer reduzierten Tilgung reduziert werden. Andersherum geht das natürlich auch.


*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmoScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellte/r, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.  


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Miniglossar - wichtige Fachbegriffe in diesem Artikel


Fed ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.

Geldpolitik Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.

Leitzinsen Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.

Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.

Ratingagenturen: Dies sind Unternehmen, welche die Kreditwürdigkeit anderer Unternehmen und Staaten bewerten. Ist die Wahrscheinlichkeit von Kreditrückzahlungen hoch, erhalten die betreffenden Unternehmen/Staaten ein gutes Rating. Das höchste wird als "Triple A", also AAA bezeichnet. Zu den bekanntesten Ratingagenturen gehören "Standard & Poor's", "Moody's" und "Fitch".

Rezession: Eine Phase im Konjunkturzyklus (daneben gibt es noch Aufschwung, Boom und Depression). Man spricht üblicherweise von einer Rezession, wenn sich die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen abschwächt oder zumindest gleichbleibt.

Seitwärtsbewegung: Von Seitwärtsbewegungen spricht man, wenn sich der Kurs oder die Zinsen weder nach oben noch nach unten bewegen, sondern sich gleichmäßig entwickeln. 

Irrtum vorbehalten

Das EZB-Gebäude, davor das Euro-Symbol in blau mit gelben Sternen drumherum

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