Mi(e)t Recht! Darüber zankt Deutschland

„Meinen die das ernst?“ – diese Frage haben sich wahrscheinlich schon einige Richter im Gerichtssaal gestellt. Ja, die meinen das ernst: Was in Sachen Mietrecht teils bereits vor deutschen Gerichten landete, ist an Absurdität kaum zu überbieten. Von eingesperrten Handwerkern über schalldicht verpackt Hähne bis hin zu lauten Yippie-Rufen beim Sex: die 10 skurrilsten Streitfälle.


Platz 10
Kündigungswelle: Schönschrift muss sein


Einige Unterschriften wirken eher wie abstrakte Kunst denn wie die schriftliche Fixierung eines Namens. Vermieter allerdings sollten ihrer expression­istischen Ader nicht allzu freien Lauf lassen und sich um etwas Leser­lichkeit bemühen: Das Amts­gericht Dortmund erklärte eine Wohnungs­kündigung für unwirksam, weil die Unter­schrift nicht zu entziffern war. Schließlich müsse ohne Weiteres nach­voll­ziehbar sein, wer der Unter­zeichner eines solchen Schrift­stückes sei – eine „wellenförmige Kugelschreiberlinie“ sei nicht aus­reichend, so das Gericht.

AG Dortmund, NM 2000, 32

Verkehrswegefläche

Fluchtweg

Platz 9
„Diebe!“ – Ehemann sperrt Handwerker ein


Ein Vermieter beauftragte Hand­werker mit dem Aus­räumen einer Garage. Er rechnete aller­dings nicht mit dem Ehe­mann seiner Mieterin: Obwohl die Garage nicht zur Miet­sache gehörte, war dieser mit der Maß­nahme überhaupt nicht einver­standen. Er beschimpfte die Hand­werker als „Diebe“ und verlangte die Heraus­gabe des „Diebesguts“. Als dies jedoch nicht von Erfolg gekrönt war, verriegelte er kurzer­hand das Zufahrts­tor mit einem Zahlen­schloss und sperrte die Hand­werker andert­halb Stunden lang ein. Erst die inzwischen herbei­gerufene Polizei löste die Situation auf. Der Ehe­mann kassierte eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung und seine Frau die fristlose Kündigung des Miet­verhältnisses – zu Unrecht, wie sie fand, schließlich sei sie nicht vor Ort gewesen und könne nichts für das Verhalten ihres Ehemanns. Das sah das zuständige Amts­gericht jedoch anders: Da sie vorher ihrem Gatten die Voll­macht erteilt hatte, sie in miet­vertraglichen Angelegen­heiten zu vertreten, müsse sie für sein Fehl­verhalten gerade­stehen. Die Mieterin und ihr Rüpelgatte mussten ausziehen.

AG Charlottenburg, Urteil vom 03.03.2015, AZ: 234 C 106/14


Platz 8
Max ist weg


Max war eine sibirische Vierzehen­schildkröte. Max war 25 Jahre alt. Und Max hielt im Keller einer Mieterin aus Langen­hagen Winter­schlaf. Doch nun ist Max weg. Schuld daran ist der Vermieter: Er hatte bemerkt, dass dem Kellerabteil, in dem Max nächtigte, ein Vorhänge­schloss fehlte, und ließ den Keller kurzer­hand entrümpeln – samt Schildkröte Max, den niemand in seiner Transport­box bemerkte. Die Mieterin klagte auf Schadensersatz, wogegen der Vermieter heftig protestierte – schließlich habe er vorher extra einen Zettel an der Keller­tür angebracht und drei Wochen lang auf eine Reaktion gewartet. Nicht lang genug, entschied das Amts­gericht: Es sei "nicht unge­wöhnlich, dass Mieter ihnen zugewiesene Keller­räume nur in größeren Abständen anlassbezogen aufsuchen". Außerdem lasse ein fehlendes Vorhänge­schloss nicht den Schluss zu, dass ein Keller herrenlos sei. Die Mieterin bekam 560 Euro Schadensersatz zugesprochen, davon 300 Euro für Max – die machten ihn allerdings auch nicht wieder lebendig.

AG Hannover, Urteil vom 06.11.2013, AZ: 502 C 7971/13

Funktionsfläche

Bewegungsfläche

Platz 7
Wenn der Hahn drei Mal kräht


Dauerstreitthema zwischen deutschen Mietern: Lärmbelästigung. Ob Kinder, Hunde oder – wie bei unserem Platz 7 – Hähne, die Liste der streit­baren Stör­geräusche ist lang. (Streit-) Hähne – beziehungs­weise deren Halter – landeten schon mehr­mals vor Gericht. Und obwohl sich ein Hahn nicht so einfach program­mieren lässt wie bei ein Wecker, gingen sie meist als Verlierer aus dem Gerichts­saal. So bekam der Besitzer von Hahn „Blasi“ zur Freude seines Nachbarn vom Land­gericht München I mitgeteilt, er möge Blasis Lärm­störungen in Zukunft verhindern – es liege nämlich eine „besondere Lästig­keit des Krähens aufgrund seiner Plötzlich­keit sowie Tonalität und Modu­lation“ vor. Dasselbe Gericht hatte übrigens schon drei Jahre zuvor in einem anderen Fall anti Hahn ent­schieden. Das krähende Feder­vieh musste fortan täglich von 20.00 Uhr abends bis 8.00 Uhr morgens, in der Mittags­zeit von 12.00 Uhr bis 15.00 Uhr und an Wochen­enden sowie Feier­tagen „schalldicht aufbewahrt werden“.

LG München I, Urteil vom 23.12.1986, AZ 23 O 14452/86
LG München I, Urteil vom 03.03.1989, AZ 30 O 1123/87


Platz 6
Marmor uriniert ruiniert: Mieter darf trotzdem im Stehen pinkeln


Dass sich Marmor und Urin nicht gut vertragen, ist nahe­liegend. Aller­dings nicht nahe genug, wie das Düssel­dorfer Amts­gericht in einem Fall 2015 entschied: Der Mieter einer Wohnung war stets im Stehen seinem Harn­drang nach­gegangen und hatte dadurch den teuren Marmorboden in Mit­leiden­schaft gezogen. Der Vermieter wollte darauf­hin nach dessen Auszug 1.900 Euro von der Kaution einbehalten, um den entstandenen Schaden zu reparieren, woraufhin der Mieter klagte – und Recht bekam. Wörtlich erklärte der Richter in der Urteils­begründung: „Trotz der in diesem Zusammen­hang zunehmenden Domestizierung des Mannes ist das Urinieren im Stehen durchaus noch weit verbreitet. Jemand, der diesen früher herrschenden Brauch noch ausübt, muss zwar regel­mäßig mit bisweilen erheblichen Auseinander­setzungen mit Mit­bewohnern, nicht aber mit einer Verätzung des im Bade­zimmer oder Gäste-WC verlegten Marmor­bodens rechnen."

AG Düsseldorf, Urteil vom 20.01.2015, AZ: 42 C 10583/14

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Platz 5
Mieter hat Recht auf stille Nacht, heilige Nacht


Ein ganz besonderes Weihnachts­geschenk hatte ein Vermieter in Köln für seine Mieter: Eine neue Gasetagenheizung sollte es geben, die pünktlich zum Weihnachts­fest ihren Dienst auf­nehmen und das Haus mit Wärme versorgen würde. Das bedeutete aber auch, dass die Arbeiten dafür am 12. Dezember beginnen und mindes­tens zehn Tage andauern sollten. Damit gab sich ein Mieter nicht zufrieden: Der Ein­bau sei mit erheb­lichem Schmutz und Lärm verbunden, davon wollte er sich nicht die besinnliche Adventszeit verhageln lassen. Das sah das inzwischen einge­schaltete Amts­gericht Köln genauso: In der Vor­weihnachts­zeit sei der Heizungs­einbau ohne zwingenden Grund nicht zumut­bar und müsse auch gar nicht weiter diskutiert werden. Der Mieter hatte sein Recht auf stille Nacht durchgesetzt und konnte die Vor­weihnachts­zeit ohne Baustaub auf dem Adventskranz genießen.

AG Köln, Urteil vom 09.06.1994, AZ: 215 C 293/93


Platz 4
Yippie! Sex nur in Zimmerlautstärke


Mieter müssen beim Liebes­spiel Rück­sicht auf die Nachbarn nehmen, laute Yippie-Rufe sind nicht gestattet. Im konkreten Fall war ein Paar in die Erd­geschoss­wohnung eines Sechs-Parteien-Hauses gezogen und ließ es sodann richtig krachen. Laut­starke Strei­tgespräche und dröhnende Musik waren an der Tages­ordnung, und auch beim Sex hielten sie sich nicht zurück. Zu jeder Tages- und Nacht­zeit hatten die neuen Mieter hörbar richtig viel Spaß, durch geräusch­volles Stöhnen und laute Yippie-Rufe ließen sie auch die wenig erfreuten Nachbarn an ihrem expressiven Sexualleben teil­haben und raubten ihnen so den Schlaf. Damit endlich wieder Ruhe im Haus einkehren würde, landeten die lauten Liebenden und der Nachbar aus der darüber­liegenden Wohnung schließlich vor dem Amts­gericht Warendorf. Zwar wiesen die Beklagten darauf hin, dass Lustgeräusche beim Sex wenig kontrol­lierbar seien, das Gericht erklärte jedoch, die Zimmer­laut­stärke dürfe nicht über­schritten werden. Die Liebenden mussten sich fortan zügeln. Ob der klagende Nachbar nach der Urteils­verkündung laut „Yippie“ rief, ist nicht bekannt.

AG Warendorf, Urteil vom 19.08.1997, AZ: 5 C 414/97

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Platz 3
Vermieterin darf aus Wohnung getragen werden


Wie viel Eskalations­potenzial steckt eigentlich in einem Termin zur Über­prüfung der Rauchmelder? Seit 2014 steht fest: Viel. So viel, dass sogar der Bundes­gerichts­hof (BGH) eingreifen musste. Eine Vermieterin ließ in einer Miet­wohnung Rauch­warn­melder anbringen und warf anschließend persönlich einen Blick darauf. Vor Ort ent­schloss sie sich spontan, ihren Besuch auch auf die anderen Räume auszuweiten. Damit war der Mieter zwar gar nicht einver­standen, sie reagierte aber nicht auf den Protest nebst Auf­forderungen, die Wohnung zu verlassen. Der Mieter griff zu einer unkon­ventionellen Methode und der Vermieterin kurzerhand unter die Arme: Er umfasste sie am Oberkörper und trug sie vor die Haus­tür, um ihr selbige vor der Nase zuzu­schlagen. Kurz darauf erreichte ihn die frist­lose Kündigung. Er zog vor Gericht und klagte sich durch alle Instanzen – mit Erfolg. Der BGH stellte fest: Die Vermieterin war zur Besichtigung der anderen Räume nicht berechtigt und hatte das Hausrecht des Mieters verletzt. Sie trug darum eine Mitschuld am Geschehen, obwohl der Mieter die Grenze der erlaubten Not­wehr überschritten hatte. Das Mietverhältnis wurde fortgesetzt.

BGH, Urteil vom 04.06.2014, AZ: VIII ZR 289/13


Platz 2
Duschen im Stehen verboten


Im Jahr 2017 landeten Mieter und Vermieter vorm Land­gericht Köln. Tatbestand: Die Mieter hatten im Stehen geduscht. Seit 1984 bewohnten sie eine Miet­wohnung mit fenster­losem Bad, das über eine sogenannte „Kölner Lüftung“ belüftet wurde. Statt Dusche war eine Bade­wanne zur täglichen Körperpflege vorgesehen, die Wände waren aber nur halbhoch gefliest. Dadurch wurde auch regel­mäßig die tapezierte Wand oberhalb der Fliesen bewässert. Statt vor Sauber­keit zu glänzen, reagierte die jedoch mit Schimmelbefall. Die Mieter verlangten nun die Beseitigung des ungebetenen Pilzes und eine Voll­verfliesung, außerdem wollten sie die Miete mindern. Der Vermieter hielt dagegen, die Mieter hätten gar nicht im Stehen duschen dürfen und sich stets hinsetzen müssen. Und das Land­gericht gab ihm Recht: Die Mieter hätten das Bad vertragswidrig genutzt und so die Mietsache beschädigt. Sie mussten nicht nur zahlen, sondern fortan auch im Sitzen duschen.

LG Köln, Urteil vom 24.02.2017, AZ: 1 S 32/15

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Platz 1
Ungezieferbekämpfung durch taxifahrende Katze


„Ungezieferbekämpfung“ war auf der Nebenkosten­abrechnung vermerkt. Höhe des Postens: 350 Euro. Die Mieter gaben sich mit dieser vagen Angabe nicht zufrieden und verlangten Auskunft vom Vermieter, worin genau diese „Ungeziefer­bekämpfung“ bestanden hätte. Wie sich daraufhin herausstellte, war damit die Ausmerzung von Mäusen gemeint, und das auf ganz traditionelle Weise: Der Vermieter hatte eine Katze angeschafft, die den nicht genehmigten Unter­mietern nahelegen sollte, einen Umzug in Betracht zu ziehen und das (Miez-) Haus zu verlassen. Doch damit nicht genug: Das Tier war eigens per Taxi angereist, wodurch die hohen Kosten zustande kamen. Die Mieter weigerten sich, für die Fahrt aufzukommen – zu Recht. Eine taxi­fahrende Katze ließ sich nicht mit den gesetzlichen Vorschriften vereinbaren.


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