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Streitpunkte zum Schriftformerfordernis

(zu BGH, Urteil vom 25.7.2007, XII ZR 143/05)

Welche Form muss ein Gewerbemietvertrag einhalten, um Gültigkeit zu besitzen?

Bei (Gewerbe)mietverträgen ist die Schriftform gem. §§ 578, 550, 126 II S. 1 BGB nur gewahrt, wenn dieselbe Urkunde von den Vertragsparteien selbst, bzw. durch einen Vertreter unterzeichnet ist. Das bedeutet nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Vertragsurkunde, dass alle wesentlichen vertraglichen Abreden, wie z.B. Mietgegenstand, -zins, -dauer und -parteien, in einer Urkunde enthalten sein müssen. Fehlt es hieran, so ist jede Partei - auch bei vereinbarter langer Vertragdauer - unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 580 a II BGB zur vorzeitigen Kündigung berechtigt, weil das Mietverhältnis wegen Nichteinhaltung der nach §§ 550 S. 1, 578 BGB vorgeschriebenen Schriftform als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

Werden Teile der wesentlichen Vertragsbedingungen in dem Mietvertrag beiliegenden Anlagen ausgelagert, so ist das Schriftformerfordernis nur gewahrt, wenn die Anlagen im Mietvertrag so genau bezeichnet werden, dass deren zweifelsfreie Zuordnung zum Vertrag möglich ist. Der bloße Hinweis im Hauptvertrag auf eine nicht näher bezeichnete Anlage genügt danach nicht.

Nach der so genannten "Auflockerungsrechtsprechung" des BGH (BGH, NZM 2000, 381)ist jedoch die gesetzliche Schriftform des gesamten Vertragswerks trotz bestehenden Formmangels der Haupturkunde gewahrt, wenn eine Nachtragsurkunde auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt und zum Ausdruck bringt, es solle unter Einbeziehung der Nachträge bei dem verbleiben, was früher formgültig niedergelegt worden war.

Grundsätzlich kann sich jede Partei auf dem Formmangel berufen, da durch die Einhaltung des Formerfordernisses ein am Vertragabschluss nicht beteiligter Dritter, wie z.B. ein Erwerber, geschützt werden soll. Das gilt auch dann, wenn ein Mietvertrag zuvor ohne Beanstandung jahrelang vollzogen worden ist. Ausnahmsweise kann ein Berufen auf den Formmangel jedoch gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Nichtigkeit des Vertrages im Einzelfall zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde (für Beispielen siehe hierzu BGH NJW-RR 1990, 518).

Im Zusammenhang mit dem Schriftformerfordernis gilt es abschließend noch zu beachten, dass die Aufnahme einer so genannten salvatorischen (Erhaltungs)klausel (wie z.B. "sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hiervon nicht berührt") nicht zur Nachholung der Schriftform verpflichtet.

Zwar soll mit dieser Erhaltungsregelung die nach § 139 BGB im Zweifel aus der Teilnichtigkeit folgende Gesamtnichtigkeit des Vertrages verhindert werden, jedoch führt diese Klausel nicht automatisch zur Wirksamkeit des Restvertrages, sondern bewirkt nur eine Umkehr der Beweislast dahingehend, dass derjenige, der sich auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages beruft, die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass die Parteien den Vertrag auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen hätten. Der Fall der fehlenden Schriftform ist hiervon jedoch nicht erfasst. Da der Vertrag hierdurch nicht unwirksam wird, sondern als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen fortbesteht, läuft die Erhaltungsklausel ins Leere.

Autor: Dr. Florian Kappes, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht

Insbesondere bei erheblichen Investitionen in das Mietobjekt oder die oft langfristig gewünschte Absicherung eines aufgebauten Standorts (Kundenbindung!) zwingt dazu, sowohl beim Abschluss des Mietvertrags als auch späteren Änderungen, die Einhaltung der juristisch korrekten Schriftform genauestens zu beachten. Ansonsten läuft man Gefahr, der anderen Vertragspartei einen Angriffspunkt für eine vorzeitige Kündigung des Mietverhältnisses zu geben.
Hilfreich hierfür sind auch – richtig formulierte - sog. Schriftformheilungsklauseln im Vertrag, die eine Berufung auf die fehlende Schriftform verhindern sollen.

 

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