Wird etwas repariert und funktioniert wie vor dem Schadensfall, muss der Besitzer im Falle eines Verkaufs dennoch häufig mit einer Wertminderung leben. Instandgesetzte Güter erzielen meist einen deutlich niedrigeren Verkaufswert als eine vergleichbare Sache ohne Vorschaden. Dieses Phänomen nennt man merkantilen Minderwert.

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importantpoints
Das Wichtigste in Kürze
  • Der merkantile Minderwert ist kein realer Minderwert wegen vorhandener Mängel, kreist aber das gefühlte Unbehagen in Bezug auf eine Immobilie ein.

  • Ein merkantiler Minderwert setzt ein erschütterndes Ereignis in der Vergangenheit voraus, der mit einem Vertrauensbruch einhergeht. Vorfälle wie Suizid und Baumängel sind den Kaufinteressent:innen offenzulegen, auch wenn die Immobilie vollständig instandgesetzt wurde. 

  • Immobiliensachverständige berücksichtigen bei der Wertminderung Schadensbeseitigungskosten und Restnutzungsdauer im Verhältnis zum Gebäudewert.  

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  • Merkantiler Minderwert – Definition

    Der merkantile Minderwert ist ein Abschlag vom realen Verkaufswert, wenn sich Interessenten scheuen, eine instandgesetzte Immobilie zu erwerben, weil sie eine Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten fürchten. Er preist sozusagen das Unbehagen ein und hat nichts mit real vorliegenden technischen Mängeln zu tun

    Das Resultat ist eine im Wert geminderte Preisvorstellung und damit ein realer Sachschaden für den:die Immobilienverkäufer:in.

    Welche Ereignisse führen zum merkantilen Minderwert?

    Ein vorherrschendes ungutes Gefühl bei einer Immobilie, die in einem guten Zustand ist und keine erkennbaren Mängel aufweist – das kann auf merkantilen Minderwert hindeuten. Damit dieses Szenario vor Gericht Bestand hat, muss ein Vertrauensverlust vorliegen, die Immobilie muss – für jede:n erkennbar – Schauplatz einer Erschütterung geworden sein. 

     

    Beispiel 1: 

    Verschwiegener Suizid 

    Ein:e Hauskäufer:in kann den Vertrag anfechten, wenn FALSCHE ANGABEN DARÜBER GEMACHT WERDEN, DASS SICH DIE VOREIGENTÜMER IN DEM VERKAUFTEN HAUS ERHÄNGT HABEN.

    Das Oberlandesgericht Celle (Az.: 16 U 38/07) ging im Zusammenhang eines Hausverkaufs von arglistiger Täuschung aus. Hintergrund und Anlass dieses Hausverkaufs waren, dass die Vorbesitzer sich in dem Haus erhängt hatten und erst Wochen später gefunden wurden. Der Makler hat dem Käuferehepaar jedoch die Geschichte aufgetischt, die Voreigentümer hätten im Ausland gelebt und sich dort das Leben genommen. Als die wahre Geschichte zufällig durch Handwerker ans Licht kam, brachten die Käufer dies zur Anzeige. Das Gericht gab ihnen recht und sie erhielten Maklercourtage, Notarkosten und Anzahlung zurück.

     

    Beispiel 2: 

    Baumängel 

    Ein ungutes Gefühl kann bei Kaufinteressent:innen entstehen, wenn Schimmel- oder Schwammbefall beim Objekt ihrer Wahl vorlag. Selbst, wenn das Gebäude umfassend von Fachleuten saniert wurde – die Bedenken können bestehen bleiben, dass von einer einst kontaminierten Immobilie weiterhin eine Gefahr für die Gesundheit ausgeht. Die deutsche Rechtsprechung fordert auch in diesem Fall Ehrlichkeit gegenüber dem:den Kaufinteressent:innen. Wer eine Immobilie verkauft, ist dazu verpflichtet, Schimmel- oder Schwammbefall mitzuteilen, selbst wenn dieser länger zurückliegt und restlos beseitigt worden ist.

    Ist der Fall durch die Medien bekannt geworden, verstärkt dies den merkantilen Minderwert.  

    Der merkantile Minderwert ist bekannt u. a. aus folgenden Zusammenhängen:  

    • Baumängel, insbesondere bei Bekanntmachung durch die regionalen Medien
    • Mangelhafte bauliche Sicherung der Fundamente (Unterfangung), um Abrutschen und übermäßiges Setzen zu verhindern. 
    • Schimmel, Hausschwamm oder Trockenfäule 
    • Altlasten im Boden (Chemikalien im Grundwasser durch industrielle oder gewerbliche Nutzung des Grundstücks) und belastende Baumaterialien (Asbest, PCB oder PAK, Formaldehyd, Teer, kleinfaserige Mineralwolle)
    • Kampfmittelfund und -verdacht auf dem Grundstück 
    • Suizid oder Gewaltverbrechen 
    • Untertunnelung 
    • Bedrohung durch Hochwasser (Wasserschaden am Haus) und 
    • Bergbauarbeiten (Einsturzgefahr) 

    Immobilienbewertung – finanzieller Abschlag durch merkantilen Minderwert

    Als Immobilienkäufer:in steht man auf der sicheren Seite, wenn man sich auf eine vom Gesetzgeber vorgeschriebene Mitteilungspflicht durch den:die Verkäufer:in beruft, sofern schwerwiegende Baumängel vorliegen. Selbst beseitigter Schwammbefall muss Kaufinteressenten frühzeitig mitgeteilt werden. Bei Unterlassen dieser Mitteilung kann dem:der Verkäufer:in eine arglistige Täuschung unterstellt werden.


    Wie wird der merkantile Minderwert berechnet?

    Der merkantile Minderwert ist durch einen spezialisierten Sachverständigen zu ermitteln. Das Ermittlungsergebnis ist ein Prozentsatz, der zustande kommt unter Berücksichtigung von Schadensbeseitigungskosten und Restnutzungsdauer im Verhältnis zum Gebäudewert.

    Es gilt grundsätzlich:

    Kein merkantiler Minderwert ist anzusetzen, wenn... 

    … die Kosten zur vollständigen Reparatur eines Gebäudeschadens geringer sind als 10 Prozent des mangelfreien Gebäudewertes ... 
    oder ... 
    … die Restnutzungsdauer weniger als 20 Prozent der Gesamtnutzungsdauer der Immobilie beträgt.

    Der merkantile Minderwert wird angesetzt, wenn ... 

    ... die Reparaturkosten 20 Prozent des mangelfreien Gebäudewertes oder mehr betragen. 

    20 Prozent Reparaturkosten entsprechen einem merkantilen Minderwert von 2 Prozent.
    ↳ Bei einem Gebäudewert von 1.000.000 Euro mindert sich der Wert um 20.000 Euro.


    Immobilienbewertung und merkantiler Minderwert

    Liegt ein merkantiler Minderwert vor, so verringert sich der Wert der Immobilie. Dementsprechend ist er zwangsläufig Teil einer objektiv vorgenommenen Immobilienbewertung und machte den Unterschied von einigen tausend Euro aus. Dies ist ausschlaggebend beispielsweise bei Zwangsversteigerungen, Vermögensaufteilungen und Scheidungsverfahren.  

    Wird er beim Hausverkauf nicht abgerechnet, riskiert der:die Verkäufer:in sogar wegen arglistiger Täuschung belangt zu werden. Für Immobilienbewertungen heißt das, dass neben einer Reihe von Faktoren wie Größe, besondere Ausstattungsmerkmale, die Lage, infrastrukturelle Besonderheiten wie auch spezifische Vereinbarungen und Sonderreglungen auch der merkantile Minderwert gehört.

    FAQ: Häufige Fragen zum merkantilen Minderwert

    Was versteht man unter einer merkantilen Wertminderung?

    Der merkantile Minderwert basiert auf der Auswirkung von bedrückenden Ereignissen (Suizid) oder gravierenden ehemaligen Mängeln (Schimmel) im und am Gebäude. Auch wenn das Gebäude schadenfrei zum Verkauf steht, wirkt sich das ungute Gefühl auf den erzielbaren Kaufpreis aus.

    Wann merkantiler Minderwert?

    Aus einer ganzen Reihe von Zusammenhängen ist das Phänomen merkantiler Minderwert bekannt:

    Baumängel aller Art, Altlasten und Giftstoffe im Gebäude, Schimmel, Suizid und Gewalt, Kampfmittelfund, Untertunnelung, Hochwasser, Bergbauarbeiten.  

    Es handelt sich jeweils um gravierende Ereignisse, häufig in Verbindung mit Vertrauensbruch, die ein ungutes Gefühl bezüglich der Immobilie erzeugen.

    Wie gehe ich als Hausverkäufer mit merkantilem Minderwert um?

    Wer ein Haus verkauft und Kenntnis hat über Ereignisse im Haus hat, die merkantilen Minderwert rechtfertigen, ist gegenüber Hauskäufer:innen zur Ehrlichkeit verpflichtet. Selbst wenn Schimmel- oder Schwammbefall längst von Expert:innen beseitigt worden ist gilt diese Verpflichtung, anderenfalls kann arglistige Täuschung unterstellt werden. 

    Die deutsche Rechtsprechung fordert auch in diesem Fall Ehrlichkeit gegenüber dem:den Kaufinteressent:innen. Wer eine Immobilie verkauft, ist dazu verpflichtet, Schimmel- oder Schwammbefall mitzuteilen, selbst wenn dieser länger zurückliegt und restlos beseitigt worden ist.

    Wie berechnet sich der merkantile Minderwert?

    Erst wenn die Kosten zur vollständigen Reparatur des Gebäudes 20 Prozent oder mehr des schadenfreien Gebäudewertes betragen, wird der merkantile Minderwert berücksichtigt. Bei 20 Prozent sind 2 Prozent abzuziehen, sodass eine Immobilie mit einem schadenfreien Wert von 1.000.000 Euro eine merkantile Wertminderung von 20.000 Euro erfährt.

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    Nadine Kunert
    Expertin für Verkauf & Vermietung

    Nadine Kunert informiert dich als Immobilienexpertin und Redakteurin von ImmoScout24 mit informativen und sorgfältig recherchierten Inhalten rund um das Thema Immobilienverkauf und Vermietung. Nadine ist studierte Kommunikationswissenschaftlerin, hat viele Jahre als Content Managerin in der Baubranche gearbeitet und ist seit 10 Jahren selbst Vermieterin. Dadurch hat sie einen praxisnahen Bezug und strebt danach, die Themen leserfreundlich und verständlich für dich aufzubereiten.

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