Auch wenn keine Warnschilder aufgestellt sind – Vermieter haften nicht zwangsläufig für Unfälle aufgrund rutschiger, weil soeben gereinigter Treppen. Zumindest, wenn die Gefahr eines Ausrutschens für die Benutzer offensichtlich ist.

Mieter trägt dauerhafte Schäden vom Sturz davon


Nach Sturz in frisch geputztem Treppenhaus: Mieter ist selbst schuld.

Im Sommer 2007 stürzte ein Mieter eines Wohnhauses in München im Treppenhaus, weil er auf der frisch geputzten Treppe ausglitt. Dabei trug er einen Bruch des rechten Oberarms davon und musste noch am selben Tag operiert werden. Seither hat er eine elf Zentimeter lange Narbe, leidet dauerhaft an Schmerzen und hat massive Bewegungseinschränkungen. Infolge des Unfalls hat er Depressionen. Seit Februar 2010 erhält er Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er aufgrund des Unfalls zu 50 Prozent schwerbehindert ist.

Die Haftpflichtversicherung der Vermieterin erkannte die Haftung dem Grunde nach an, bezahlte einen Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 3.500 Euro und erstattete 140 Euro für ärztliche Attest Kosten. Weitere Zahlungen erfolgten dann aber nicht mehr. Daraufhin verklagte der Mieter gegen seine Vermieterin auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz vor dem Amtsgericht München.

Geschädigter fordert Schmerzensgeld und Ersatzeinkommen

Der heute 51-jährige Kläger hält ein Schmerzensgeld von mindestens 80.000 Euro für angemessen. Er verlangt außerdem Schadensersatz in Höhe von monatlich 947 Euro bis zum 01.01.2031, dem Zeitpunkt, an dem er ohne Unfall seine volle Altersrente bekommen hätte. Der geforderte Monatsbetrag entspricht der Differenz zwischen dem Einkommen, was er bei Erwerbsfähigkeit erzielen könnte und der tatsächlichen Rentenzahlung. Schließlich sei die Ursache des Sturzes der rutschige Boden des Treppenhauses gewesen. Warnschilder seien nicht aufgestellt gewesen. Doch die zuständige Richterin wies die Klage ab.

Gericht: Kläger ist selbst schuld

Das Amtsgericht München geht von einem 100-prozentigen Mitverschulden des Klägers an dem Unfall aus. Der Mieter habe bei der Benutzung des Treppenhauses die Sorgfalt außer Acht gelassen, die nach Lage der Sache erforderlich erschien, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Er habe sich beim Betreten des Treppenhauses offenbar nicht ausreichend am Treppengeländer festgehalten. Dabei bestand offensichtlich die Gefahr des Ausrutschens. Die Mitschuld des Klägers wiegt nach Ansicht der Richterin sogar so stark, dass eine Ersatzpflicht der Vermieterin vollständig entfällt. Nach Aussage aller Zeugen sei das Treppenhaus zum Zeitpunkt des Sturzes sehr nass gewesen. Dies sei deutlich erkennbar gewesen: Laut Aussagen der Zeugen seien großflächige, sehr nasse Stellen zu sehen gewesen, das Reinigungsmittel habe so stark gerochen, dass jeder Bewohner schon durch den Geruch gewarnt war, der Hausflur sei gut beleuchtet gewesen und sei es auch nicht das erste Mal gewesen, dass das Treppenhaus so nass war.

Der Mieter hätte, so die Richterin, gewarnt sein müssen und sich am vorhandenen Handlauf festhalten müssen. Auch durch die Zahlung der Haftpflichtversicherung der Vermieterin sei das Mitverschulden des Mieters nicht ausgeschlossen. Diese Zahlung könne auf die Anrechnung des Eigenverschuldens des Klägers keinen Einfluss haben.
 Das Urteil ist rechtskräftig.

Tipp für Vermieter

Die Vermieterin wurde aufgrund der Zeugenaussagen nicht in Haftung genommen. Davon können aber Vermieter in ähnlichen Fällen nicht ausgehen. Die Forderungen des Mieters zeigen, welche finanziellen Risiken aus einem Sturz für den Hauseigentümer resultieren können. Eine Haftpflichtversicherung ist daher für Vermieter und Hauseigentümer dringend zu empfehlen. Auch dann sollten sie Vorkehrungen bei der Reinigung des Treppenhauses treffen, um die Gefahr eines Unfalls aufgrund grober Fahrlässigkeit zu reduzieren.

Artikel herunterladen
Artikel melden
Vielen Dank!
Wir haben Ihr Feedback erhalten.
Redaktionsrichtlinien von ImmoScout24

Die ImmoScout24 Redaktion verfasst jeden Beitrag nach strengen Qualitätsrichtlinien und bezieht sich dabei auf seriöse Quellen und Gesetzestexte. Unsere Redakteur:innen haben ein hohes Niveau an Immobilienwissen und informieren Sie als Expert:innen mit informativen und vertrauenswürdigen Inhalten. Wir verbessern und optimieren unsere Inhalte kontinuierlich und versuchen, sie so leserfreundlich und verständnisvoll wie möglich aufzubereiten. Unser Anliegen ist es dabei, Ihnen eine erste Orientierung zu bieten. Für persönliche Anfragen Ihrer rechtlichen oder finanziellen Anliegen empfehlen wir Ihnen, eine:n Rechts-, Steuer-, oder Finanzberater:in hinzuzuziehen.

War dieser Artikel hilfreich?
Der Artikel wurde als hilfreich bewertet.
Vielen Dank
Wir haben die Bewertung erhalten.