Januar 2015

Euro-Krise 2.0

5. Januar 2015 – Zinskommentar von Prof. Dr. Steffen Sebastian

Die Wahrscheinlichkeit des Austritts Griechenland aus dem Euro ist deutlich gestiegen. Die Stabilität des Europäischen Währungssystems wird erneut auf die Probe gestellt.

Griechenland hat ein im Nachkriegseuropa beispielloses Reformprogramm absolviert; die Bevölkerung hat hierfür einen hohen Preis gezahlt. Im laufenden Wahlkampf haben in Griechenland die Populisten, die ein Ende der Reformen und einen Austritt aus dem Euro versprechen, daher gute Chancen die Wahlen zu gewinnen. Aber auch die Parteien, die nicht aus dem Währungssystem austreten wollen, verlangen zumindest einen weiteren Schuldenerlass. Außerhalb Griechenlands bemüht man sich um Gelassenheit. Wirtschaftsminister Gabriel verlautet, dass Griechenland den Rest Europas nicht mehr erpressen könne. Anders als zu Beginn der Finanzkrise seien die Auswirkungen eines Austritts Griechenland auf die Finanzmärkte und die Bankenstabilität nunmehr verkraftbar. Die Europäische Kommission verkündet zudem, dass ein Austritt Griechenlands aus dem Euro nach der geltenden Vertragslage ausgeschlossen sei.

Theoretisch ist das beides richtig. Wenn die griechische Regierung jedoch beschließt, aus dem Europäischen Währungssystem auszutreten, kann die Europäische Kommission wenig dagegen tun. Und sicherlich hat ein Austritt oder die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands nicht mehr die gleiche Symbolkraft wie zu Beginn der Eurokrise. Gefährlich wäre es dennoch. Die verwundbare Stelle der Währungsunion ist nicht eigentlich das Griechenland, sondern Frankreich und Italien. Es besteht die Gefahr, dass durch die Entwicklungen in Griechenland die längst überfälligen Reformen in Frankreich und Italien weiter aufgeschoben werden und dort die Gegner des Euros stärken. Dies wäre eine substantielle Gefahr für die Stabilität des Währungssystems.

Die Finanzmärkte haben die Gefahren bereits bewertet. Der Kurs des Euros ist gegenüber dem Dollar nochmals deutlich gefallen. Ein drohendes Wiederaufleben der Währungskrise ist aber ist wohl nur zu einem Teil die Ursache des Kursverfalls. Die Abwertung des Euros ist durchaus erwünscht, um Konjunktur und Inflation zu steigern und wird durch die Europäische Zentralbank (EZB) durch niedrige Zinsen auch bewusst gefördert.

Zinsentwicklung

Noch immer sind keine Zinssteigerungen zu beobachten, stattdessen sind die Zinsen leicht erneut gesunken. Für fünfjährige Bindungen sind die Zinsen mit 1,20 konstant geblieben. Die Konditionen für zehnjährige Verträge sind hingegen von 1,75 nochmals auf 1,57 Prozent gefallen. Für zehnjährige Festschreibungen sind von 2,14 Prozent auf 1,97 Prozent gesunken.

Ausblick

Auch wenn ein Wahlsieg der Eurogegner in Griechenland wahrscheinlich erscheint, sind deren Möglichkeiten begrenzt. Zwar haben die europäischen Institutionen und die Mitgliedsländer signalisiert, dass sie einen Verbleib Griechenlands im Europäischen Währungssystem wünschen und unterstützen werden. Es ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass sich die Gläubigerländer weitere Zugeständnisse abhandeln lassen. Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro ohne substantielle Unterstützung von außen ist auch keine realistische Option. Die Finanzierung Griechenlands an den Finanzmärkten wäre auf absehbare Zeit unmöglich, zudem droht der Zusammenbruch des griechischen Bankensystems. Für Hans-Werner Sinn, einen der prominentesten Wirtschaftsprofessoren Deutschlands, ist ein koordinierter Ausstieg Griechenlands aus dem Euro sogar die sinnvollste Option. Wahrscheinlicher ist aber, dass nach den Wahlen in Griechenland zunächst die Reformen auch von den Eurogegnern weiter fortgeführt werden müssen. Mittelfristig wird jedoch über einen erneuten Schuldenerlass für Griechenland verhandelt werden müssen.

In jedem Fall ist die aktuelle Situation kein Anlass für die EZB, ihre expansive Geldpolitik aufzugeben. Leitzinserhöhungen sind daher im Moment nicht zu erwarten. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Finanzmärkte auf erneute Turbulenzen im Europäischen Währungsraum reagieren.